Unser Schulhof im Herbst und Winter
oder: “Was wir gegen das Insektensterben tun (können)”
Vieles von dem, was auf unserem Schulhof wächst, ist anderen Orts Unkraut. Und damit meinen wir nicht echte Acker-Unkräuter wie Melde, Beifuss, Ampfer usw. Die jäten wir auch. Bei uns blühen aber auch Färberkamille, Disteln, Wilde Karden, Nachtkerzen, Natternkopf, Ackerrittersporn und viele andere mehr, die in vielen anderen Gärten nicht wachsen dürfen.
Und sie bleiben während des Winters ungeschnitten stehen. Warum?
Unsere Tierwelt ernährt sich von den hier seit Jahrtausenden vorkommenden Pflanzenarten. Im Frühjahr und Sommer nutzen sie den Nektar und Pollen. Jetzt im Herbst fressen Vögel die Samen – in meinem Garten kann ich ich einen Schwarm Stieglitze und Grünfinken seit Wochen beobachten, wie sie die Samen aus dem Natternkopf picken. Viele Insekten ernähren sich direkt von Blättern und Pflanzenresten, andere überwintern in den hohlen Stängeln oder anderen Hohlräumen. Schneiden wir die abgeblühten Stauden im Herbst ab, ist die Nahrungs- und Überwinterungsquelle verloren.
Seit einigen Jahrzehnten gibt es ein großes und mittlerweile dramatisches Insektensterben – anfangs noch unbemerkt, doch jetzt in aller Munde. Wenn wir unseren Tieren beim Überleben helfen wollen, müssen wir wieder lernen, ihnen bei uns eine Heimat anzubieten:
– unaufgeräumte Laubecken, in denen der Igel überwintern kann
– Totholzecken
– Pflanzen, die Samen ausbilden, damit sich die Vögel auch daran bedienen können
– Pflanzen, die über den Winter stehen bleiben.
Freuen Sie sich, wenn Sie es im Herbst nicht mehr schaffen, alles ordentlich zu machen im Garten. Der Winter mit seinem Schnee wird aus den Staudenstängeln, Gräsern und Geäst bizarre Schönheiten erschaffen, die uns einladen, unsere Pflanzen auch einmal anders zu betrachten. Und abschneiden können Sie alles getrost im Frühjahr, wenn es warm wird und die Tiere ihre Schlafverstecke verlassen haben – und wir selbst auch wieder genug Energie haben, um tatkräftig im Garten anzupacken. Geniessen wir stattdessen die Stille und Adventszeit und schmieden Pläne für die nächste Saison…
Wilde Karden (Fotos © B. Borutzky)